Manche Wünsche im Leben trägt man wirklich lange mit sich rum, erwägt mehrmals die Umsetzung, zweifelt dann und verwirft sie doch wieder .. manchmal ganz kurz vor den entscheidenden Schritten. Bei mir war die Anschaffung einer „Heimkinoanlage“ (was immer man darunter nun genau verstehen mag) so ein Wunsch. Seit Jahren schiele ich neidisch auf das System meiner Eltern, wühle mich immer mal wieder durch die bzw. das einschlägige Forum und versinke dann in längerem Grübeln.
Dieses mal war es eigentlich nicht anders .. allerdings etwas unbeschwerter. An einem Sonntagnachmittag kamen wir ein weiteres mal im Rahmen einer lockeren Plauderei auf das Thema und malten uns aus, wie toll es wäre, wenn wir endlich auch richtig begeisternde Soundeffekte zum abendlichen Film- und Seriengucken hätten. Anlass war primär ein Ausfall unseres Internetradios (mochte ausgerechnet unseren Lieblingsstream nicht mehr .. alles andere ging), der uns irgendwie doch nervte. Auf Grund von freundschaftlichen Empfehlungen hatte ich auch recht schnell einen möglichen Lieferanten sowie ein ungefähres Budget im Kopf .. soweit war noch alles ganz einfach und unkompliziert.
Schnell war eine E-Mail an den Shop verfasst: Raumgröße ca. 35m2, davon zu beschallen sind in etwa 20m2, wir bevorzugen dunkle Materialien, ein 5.1 System ist favorisiert, Internetradio und HDMI-Passthrough stehen ebenfalls auf der Wunschliste. Wie das so ist verbrachte ich die Zeit nach der Mail mit einer fixen Recherche und fand im Pioneer VSX 527 schnell einen Receiver, der unseren Ansprüchen weitestgehend entsprechend sollte. Als Sub(woofer) fand ich an vielen Stellen den JBL ES250PW als klare Empfehlung .. und erfreute mich an Anwendererfahrungen wie „Karton wie eine Waschmaschine“, „Gänsehaut“ und „richtig Druck“.
Am nächsten Morgen rief dann auch der favorisierte Händler zurück, stellte noch ein paar Fragen um dann 10 Minuten später mit einem Komplettpaket um die Ecke zu kommen. Um an dieser Stelle etwas abzukürzen: Das Gesamtpaket war von den empfohlenen Komponenten, dem Design und auch dem Gesamtpreis schlicht absolut unattraktiv. Ich bat dann noch um Zusendung einer Alternative („die Farben wirken nur auf dem Foto blöd .. ich photoshope Ihnen das“), welche jedoch eher noch schlechter war.
Spätestens hier endete der einfache Teil: Aus meiner einfachen Grundvorstellung „Der baut uns ein schönes Paket, das preislich attraktiv ist“ wurde ein „Such dir selbst was Passendes zusammen“. Kurze Zeit nach diesem Paradigmenwechsel begann dann auch die partnerschaftliche Diskussion, die wohl jeder Anschaffung einer HiFi-Anlage voraus geht: „Schatz .. die großen Boxen sehen aus wie von vor 20 Jahren. Ich will so kleine .. Bose zum Beispiel“. Wie eingangs erwähnt, habe ich mich ja schon mehrfach mit der Thematik beschäftigt .. und war daher weder für Bose noch für kompakte Lautsprecher zu haben. Die folgenden zwei Tage verbrachte ich also auf allen mögliche und unmöglichen Testseiten und durchforstete die einschlägigen Foren und Beratungsbeiträge, bis ich endlich ein System fand, dessen WAF (Woman acceptance factor, siehe Wiki) erstaunlich hoch war. Die Bestenliste von hifitest.de sah die von mir favorisierte Serie – Canton GLE (mocca / weiß) – zudem im Oberklasse-Bereich .. warum also nicht.

An dieser Stelle könnte man denken: Super .. favorisierter Subwoofer, Receiver / Verstärker und Boxen sind identifiziert .. jetzt kann es ja los gehen. Nein, weit gefehlt. Denn nun musste erstmal die Frage geklärt werden: Veraltete Version 1 des Systems oder doch die neuere aber teurere Version 2. Außerdem gab es sowohl für vorn (GLE 470.2 vs. GLE 490.2) als auch für hinten (GLE 420.2 vs. GLE 430.2) zwei mögliche Alternativen. Um auch hier wieder etwas abzukürzen: Letztendlich wurden es zwei GLE 490.2, zwei GLE420.2 sowie der GLE455.2 als Center. Durch einen großen Zufall haben wir das System für lediglich 150€ Aufpreis im Vergleich zur älteren Version bekommen (war wirklich ein gutes Angebot; zudem mit günstigem Versand) und damit die ursprüngliche Gesamtpreiskalkulation sogar noch unterboten.
Nun war ich eigentlich erstmal zufrieden: Die Boxen sollten 4-5 Tage Lieferzeit haben, aber alles war in Sack und Tüten. Mir sollte also Zeit zum Durchatmen und zur Recherche der restlichen Komponenten bleiben. Da die Versandbestätigung (Mittwoch Abend bestellt) aber bereits Donnerstag früh eintraf, mussten wir an eben jenem Tag doch noch alle weiteren Komponenten bestellen. Der abendliche Besuch im lokalen Saturn machte es uns hier jedoch nicht eben leichter, da ich zum einen von der Größe der (in silber) gezeigten Boxen geschockt war und zudem die Haptik des avisierten Receivers absolut grausam war (eiernde Drehregler links und rechts). Wir fummelten und also durch die HiFi-Abteilung, fuhren nach Hause und grübelten. Am Ende lautete die Diskussion Pioneer VSX 527-K, vs Onkyo NR414 vs. Yamaha RX-473. Allesamt aus der 2012er Generation, allesamt eher Einsteigersegment (5.1) aber mit Stärken im Multimediabereich. Die oft diskutierten Features „tolle iPhone App“ und „AirPlay“ waren mir zunächst gar nicht so wichtig (dazu später mehr), dafür fand ich das automatische Einmesssystem (nur Pioneer und Yamaha) interessant und freute mich das vTuner-basierte Internetradio. Nach langem Grübeln entschlossen wir uns mit dem Yamaha für das Gerät, was wir bisher am wenigsten im Fokus hatten. Dafür sollte es mit gut bewerteter App, Airplay, Internetradio und Einmesssystem eigentlich alle Anforderungen erfüllen.
Auch beim Sub kämpfte mein Herz länger gegen meinen Verstand, bevor mich Dani zur Bestellung der Waschmaschine drängte („der verschwindet doch eh hinter der Couch“). Ansonsten fehlten noch Kleinigkeiten wie Kabel und Wandhalterungen; eine Bitstreaming-fähige Grafikkarte erwarb ich bereits wenige Tage zuvor in Form einer passiv gekühlten Nvidia GT520 (absolut empfehlenswert!!). Es war also Mittwoch Abend, 7 Pakete von 4 Händlern waren auf dem Weg zu uns und wir würden das Wochenende nicht da sein.
So konnten wir am Donnerstag vor unserer Abreise nur noch schnell die Boxen aus dem Hausflur in unsere Wohnung wuchten (und kurz die Farbe sichten .. genial), bevor wir uns in eine kurze Auszeit verabschiedeten.
Am Freitag bzw. Samstag kamen dann tatsächlich alle bestellten Komponenten an (hätte ich nicht erwartet) und warteten am Sonntag Abend ganz brav im Hausflur. Schnell brachten wir alles in Sicherheit und machten uns dann eifrig ans „Unboxing“. Bevor es hier jedoch so richtig losgehen sollte, entschieden wir uns dazu den HTPC ein Fach im Lowboard nach links ziehen zu lassen. Diese nette Aufwärmübung ging uns schnell von der Hand und sollte (später mehr) Platz für den Center-Speaker schaffen. Anschließend packten wir den erstaunlich leichten aber optisch und haptisch ansprechenden Verstärker aus und stellten die riiiiesigen, 106cm hohen Frontlautsprecher auf. Die kurzen Wege zwischen den einzelnen Komponenten waren schnell mittels entsprechender Kabel überbrückt, wobei wir uns als Profihandwerker darauf beschränken mussten die Isolierung mit einer Schere zu entfernen (mit Abisolierzange kann das doch jeder). Spontan mussten wir dann auch noch die Netzwerktopologie um einen Switch erweitern, da nun neben dem HTPC auch der Receiver Zugang zum Netzwerk erhalten sollte. Augenblicke später sprang der Receiver mit einem prägnanten „Klack“ an und zauberte sein Menü via HDMI auf den Fernseher. Ebenso fix gelang es via iPhone App (schick, stabil, intuitiv, relativ umfangreich) den ersten Webradio-Stream aufzurufen und die Membranen des Frontsystems in Schwingung zu versetzen. Soweit so gut .. aber nun war ich natürlich neugierig.

Eilig befreiten wir den unterwartet schicken, knapp 20kg schweren Subwoofer aus seinem Karton und verwandelten unsere Wohnung damit noch ein wenig mehr in eine Chaoslandschaft. Dank des Funkmoduls war das gute Stück schnell mir Strom und passendem Signal versorgt und beim nächsten Aufruf des Webstreams trat ein sehr breites Grinsen in mein Gesicht. Gelassen aber doch prägnant untermalte der JBL Basslautsprecher „Tage wie diese“ und ich war das erste mal richtig begeistert. Diese Faszination setzte sich fort, als ich mit wenigen „Klicks“ bzw. Fingerbewegungen via AirPlay jeden beliebigen Titel meines iPhones über die Anlage wiedergeben konnte. Keine Konfiguration von IP-Adressen etc. .. einfach nur „Tapp, Tapp, Los“.

Na gut, da noch viel vor uns lag, schalteten wir das ganze System wieder aus, das alte Webradio wieder an und packten den nächsten Karton aus, welcher den Center-Speaker beinhaltete. Überraschenderweise enthielt die Verpackung deutlich weniger Packmaterial als erwartet, so dass ich von der Größe der Box doch recht überrascht war. Es ging allerdings nicht nur mir so, denn auch unser Low-Board zeigte sich derart schockiert, dass es den Center einfach mal nicht aufnehmen wollte. In einer spontanen Krisensitzung entschlossen wir uns notgedrungen dazu den Center unter den Verstärker (wodurch er leider nicht ganz mittig steht) zu verfrachten, weshalb der HTPC dann auch wieder umziehen durfte (favorisierte ich sowieso, da die Lüftung am neuen Standort nicht ideal gewesen wär).

Als diese Krise überwunden war, galt es die hinteren Boxen zu verkabeln. In diesem Kontext dann gleich die nächste Überraschung: Der Subwoofer passte nicht bzw. nur extrem suboptimal hinter die Couch. Auch hier improvisierten wir spontan und stellten das gute Stück testweise neben der Vitrine und damit ganz präsent auf. Mir gefiel das gut und auch Dani konnte sich mit der Lösung anfreunden. Etwas herausfordernd war noch die Verlegung des Stromkabels (hätten wir ergänzend noch ein Cinch-Kabel verlegen müssen, wär die Option gar nicht möglich gewesen), welche jedoch erfreulicherweise ganz knapp gelang. Wenige Minuten später zeigte sich übrigens das unsere Funksteckdose die Lösung weniger toll fand. Es handelte sich dabei um ein Modell das prinzipiell „Dimming“-fähig ist und die 400 Watt (RMS) des Subs wohl nicht mochte 😉 (die nicht dimmfähige Version verträgt diesen Einsatz jedoch seit Tagen).

Die letzten Schritte zur Komplettierung des Systems gingen dann flott von der Hand und nach wenigen Minuten waren alle Boxen (zumindest provisorisch) verkabelt. Insgesamt drei Stunden seit „Baubeginn“ waren vergangen, und während Dani mit der Beseitigung des Chaos begann, erfreute ich mich testweise an den ersten Minuten „Iron Man“. Das Ergebnis war ebenso begeisternd wie einige Stück aus Grönemeyers Zwölf. Ohne jegliche Einmessung lieferte das System trotzdem sehr feine Details und einen insgesamt stimmigen Klang. Nach kurzer Bastelei gelang dann auch das Bitstreaming am HTPC zu aktivieren, was mein Wunschsetup quasi komplettierte. Wir waren ziemlich fertig, als wir uns mit einer Serie zum Abschluss des Tages belohnten.

Am nächsten Tag galt es zunächst ein paar Kleinigkeiten zu erledigen: HDMI-Passthrough war ebenso schnell aktiviert, wie ich am Fernseher sowie am Receiver HDMI-CEC einrichtete (Lautstärkeregelung mit der TV-Fernbedienung, sobald der Verstärker eingeschaltet ist). Bei dieser Gelegenheit schaltete ich auch gleich noch die Eco-Funktion des Receivers ein .. warum auch nicht. Augenblicke später verliebte ich mich ein weiteres mal in AirPlay: Während ich am PC im Arbeitszimmer in iTunes rumklickte, fand ich auch hier die entsprechende Funktion um Inhalte direkt an die Anlage zu schicken. Mit nur einem Klick schaltete sich selbige ein und spielte fortan klaglos die Tracks aus iTunes inklusive die Möglichkeit zur Lautstärkeregelung ab. Hier zeigte sich, dass ich im Anschaffungsprozess den wenigsten Wert auf eben jene Features gelegt habe, die mir plötzlich am wichtigsten erscheinen.

Als letzter Part der Aufbau unserer Anlage stand noch der Zusammenbau nebst Montage der Wandhalterung (Vogels VLB 200) für die hinteren Lautsprecher auf dem Plan. Laut Kritiken bei Amazon sollte dies irgendetwas zwischen 30 Minuten und einer halben Ewigkeit dauern. In der Realität trifft leider eher die letztgenannte Zeitangabe zu. Eigentlich gestaltete sich der Zusammenbau trotz weitestgehend wortkarger Anleitung gar nicht so schwierig .. doch wir liefen in so ziemlich jede denkbare Falle. So zeigte sich erst recht spät, dass wir die Kabelführungen in den Schienen nicht verwenden konnten. Vorher mussten wir die Verkleidungen der Halterungen in mehrfachen Durchläufen „zurecht pfeilen“, bevor unsere 2×2,5mm2 Kabel sich darunter verstecken lassen wollten. Das wir ultimativ noch mehrere Anläufe brauchten um eine leichte Erhöhung der Lautsprecher zu basteln und einen Schutz gegen die fiesen Fixierschrauben (diese wollen sich in das Boxengehäuse boren) finden mussten, sei nur am Rand erwähnt. Insgesamt benötigten wir ca. 2,5h für die erste Box .. und 30 Minuten für die Zweite. Die Halterungen finde ich insgesamt relativ ansprechend, wenn gleich wir durch den seitlichen Neigungswinkel eigentlich ca. 1m weiter vorn sitzen müssten (wäre HiFi-technisch eh empfehlenswert .. aber man kann nicht alles haben).

Anschließend konnten wir nach insgesamt 6h die automatische Einmessfunktion nutzen, das Chaos beseitigen und verdientermaßen in die Genussphase starten.
Zur Dokumentation unserer Mammutaufgabe habe ich dieses mal testweise zwei Zeitraffer-Videos erstellt .. sicherlich keine Blockbuster, aber durchaus unterhaltsam 😉
Tag 1: Boxen, Verstärker, Subwoofer
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Tag 2: Vogels VLB 200 Wandhalterungen
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